Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass am 09.07.2018, auf dem Campus Mitte der Charité – Universitätsmedizin Berlin eine inoffizielle Straßenumbenennung stattgefunden hat.
Dabei wurden die Straßenschilder des „Bonhoefferwegs“ und „Sauerbruchwegs“ überklebt und umbenannt in „Käte-Frankenthal-Weg“ und „Emma-Haase-Weg“. Bei den betreffenden Wegen handelt es sich um interne Geländeadressen der Charité Berlin.
Sowohl bei Ferdinand Sauerbruch als auch bei Karl Bonhoeffer handelt es sich um Personen, deren Rolle im Nationalsozialismus kritisch diskutiert werden muss. Sauerbruch, einer der bekanntesten Chirurgen seiner Zeit, unterstützte das NS-Regime durch öffentliche Auftritte, übernahm wichtige Aufgaben als Gutachter und Berater und befürwortete medizinische Experimente in Konzentrationslagern. Karl Bonhoeffer hingegen war kein Sympathisant der NS-Diktatur, Familienmitglieder waren im Widerstand aktiv. Als Sachverständiger und Gutachter des Erbgesundheitsobergerichtes befürwortete er jedoch eugenische Zwangssterilisationen.
Emma Haase war eine kommunistische Krankenpflegerin, die die Zeitschrift „Bazille“ herausgab. 1933 wurde sie verhaftet und von der Charité entlassen. Nach 1945 war sie Oberin an der Charité und engagierte sich frauenpolitisch.
Käte Frankenthal stammt aus einer jüdischen Familie und arbeitete ab 1918 als Ärztin an der Charité, sie engagierte sich gegen das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs, führte Sexualberatungen durch und verteilte kostenlose Verhütungsmittel; unter der NS-Diktatur wurde sie als “national unzuverlässig” und “nichtarisch” verfolgt und emigrierte 1933 in die USA.
Wir unterstützen diese inoffizielle Straßenumbenennung auf unserem Campus, da wir eine kritische Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit der Charité abseits von den bisherigen Maßnahmen der Unileitung für notwendig erachten. Zudem wünschen wir uns ein Umdenken darüber, welche Persönlichkeiten als Vorbilder für zukünftige Ärzt*innen dienen könnten. Hierbei sollten neben fachlichen Kenntnissen, gerade soziales Engagement und Zivilcourage den entscheidenden Stellenwert einnehmen. Zudem sollten mehr Menschen vertreten sein, deren Leistungen aufgrund von gesellschaftlichen Machtverhältnissen nicht gewürdigt wurden, z.B. Krankenpfleger*innen.